Juni 2005: Kormoranabschuss im NSG in Mecklenburg - Vorpommern
MV: Ort des Grauens oder Naturschutz in Vorpommern.
Von:"Thomas Heinicke" <thomas.heinicke at gmx.net>
Datum:Sun, 26 Jun 2005 13:25:42 +0200
An:<German_Birdnet at yahoogroups.com
Liebe Ornithologen und Naturschützer,
anbei eingefügt einen Kommentar von Beatrice von der Pahlen (http://www.oekosmos.de/article/articleview/584/1/6/)
zum "Kormoranmanagement in Mecklenburg-Vorpommern".
Grüsse
Thomas Heinicke
PS: Als Einwohner von MV muss ich mich mittlerweile für die Naturschutzpolititk
des Landes schämen!!!
Autor: Beatrice von der Pahlen
Veröffentlichungsdatum: 19.06.2005, 12:06
Ort des Grauens oder Naturschutz in Vorpommern.
Bei einem Urlaubstrip in Richtung Rügen stoppte ich in Bugewitz, schnappte mein
Minifahrrad und wollte mir mal das NSG "Anklamer Stadtbruch"
anschauen. Das Wetter war nicht schlecht. Auf einem alten Bahndamm fuhr ich in
Richtung Kamp und sah auch bald eine Kormoran-Kolonie. Ich wunderte mich etwas
über den bestialischen Kadavergeruch und die vielen fast leeren Nistbäume
gegenüber dem Bahndamm. Dahinterliegende Bäume waren vollbesetzt.
Auf dem Stichkanal näherte sich ein Kanu mit einem Einheimischen, der sich nach
meinem Zuruf näherte. Auf meine Frage nach dem Zustand der Kolonie berichtete
er von einer kürzlich statt-gefundenen Bestandsregulierung. Das machte mich
stutzig! Schießerei im Naturschutzgebiet? Ich hatte vorher in der Nähe einen
Seeadlerhorst mit Jungen gesehen! Das
wollte ich nun genauer wissen. Der junge Mann setzte mich über und ich konnte
in dem schlammigen Gelände unter größten Schwierigkeiten einige Aufnahmen
machen. Überall lagen tote Junge herum und zwischen den Bülten hüpften
angeschossene Kormorane herum. Ein Bild des Grauens!!!!
Ab und zu fielen junge Kormorane von den Bäumen, die vor Hunger auf den glatten
Ästen der Eichen den Erwachsenen entgegenkrabbelten. Graureiher stürzten sich
auf die hilflosen Jungen und zerfetzten sie dann. Ich konnte das gar nicht mehr
weiter mit ansehen. Es reichte mir in jeder Hinsicht. Total schlammverschmiert
kam ich mit Mühe ins Kanu zurück.
Der junge Mann nahm mich freundlicherweise zur Totalreinigung ins Dorf mit. Er
zeigte mir in der Heimatzeitung Artikel über diese mörderischen Verstösse
gegen geltendes EU-Recht. Angeblich wurde dieser Abschuss von einem Herrn Wölfel
vom Landesnaturschutzamt in Güstrow genehmigt.
Diese "Waidmänner", die in erster Linie an ihre eigenen finanziellen Interessen als Fischer denken, haben nach eigenen Angaben 2856 junge Kormorane geschossen!!!!!! Das wären ca. 3-5 Tonnen Fleisch das nun verludert, denn diese "Heger und Pfleger" der heimischen Natur haben ja kaum was abtransportiert. Wenn doch, wo ist es verblieben? In der Zeitung präsentierten sie sich in Siegerpose auf dem Schlachtfeld trotz ihrer massiven Verstöße gegen das jagdliche Brauchtum, sowas tut man als Jäger einfach nicht. Es bleiben noch viele Fragen. U.a. Wie kann im Horstbereich eines Seeadlers geschossen werden? Wenn schon Kormorane dezimiert werden, muss es doch nicht bei der Jungenaufzucht sein!
Ein Jäger ist nur mutig mit der Waffe in der Hand, nicht aber beim Klettern auf den Baum. Widersprüche in der Gemeinde gabs wohl nur wegen Formalitäten, man hat offenbar noch nicht begriffen, das die einzige Entwicklingschance dieser strukturschwachen Region im Tourismus liegt. Um diese Schlachterei am 18.06. fortzusetzen, wurden kurzerhand gleich per Zeitung weitere "Waidmänner" zu diesem unwürdigen Gemetzel eingeladen. Wahrlich ein würdiges Zeugnis von Heimatliebe und Naturverbundenheit. Protestmails an den Landkreis Ostvorpommern als Untere Naturschutzbehörde sollten den Abscheu der Naturfreunde zum Ausdruck bringen ( E-Mail: posteingang at landkreis-ostvorpommern.net).
Dipl.-Biol. Thomas Heinicke
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MV: Ergänzung Kormoran
Von:"Thomas Heinicke" <thomas.heinicke at gmx.net>
Datum:Tue, 28 Jun 2005 09:12:09 +0200 (MEST)
An:"German Birdnet" <german_birdnet at yahoogroups.com>
Liebe GBNler,
habe noch ein paar andere mail-Adressen der Landesregierung MV rausgesucht,
an die ebenfalls Protestmails bzgl. der Kormoran-Vernichtung gehen sollten.
Ich würde mich freuen, wenn möglichst viele von Euch gegen
diese Form von
Management protestieren könntet. Ein Schreiben an die politisch
verantwortlichen Personen (siehe e-mail Adressen) mit dem Hinweis auf
Boykott von MV als Reiseziel dürfte am deutlichsten aufzeigen, dass von der
Landesregierung im Bezug auf Kormoran die falschen Prioritäten gesetzt
werden.
Bitte Protestmails senden an:
Harald Ringstorff, Ministerpräsident MV:
harald.ringstorff at stk.mv-regierung.de
Otto Ebnet, Wirtschaftsminister MV:
o.ebnet at wm.mv-regierung.de
Wolfgang Methling, Umweltminister MV:
wolfgang.methling at um.mv-regierung.de
Till Backhaus, Agrarminister MV:
t.backhaus at lm.mvnet.de
Im übrigen habe ich erfahren, dass dieses Jahr in 4
Brutkolonien
eingegriffen wurde. Neben der Kolonie im Anklamer Stadtbruch wurde auch die
Kolonie am Tollensesee bei Neubrandenburg dezimiert. Letztes Jahr hat es
u.a. die Kolonie in Niederhof bei Stralsund erwischt.
Nach vorsichtigen Schätzungen dürften in den letzten Jahren pro Jahr >5000
Kormorane (v.a. Junge/Nestlinge) in MV geschossen worden sein. Fast alle
Kolonien liegen übrigens in NSG und größtenteils in EU-Vogelschutzgebieten!
Nochmals die Bitte um Protest an die zuständigen staatlichen Stellen.
Beste Grüsse und vielen Dank für die Unterstützung im
Voraus
Thomas Heinicke
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Hallo allerseits,
erstmal besten Dank für die zahlreichen Proteste.
Laut neuester Infos wurden ca. 6000 junge Kormorane im Anklamer Stadtbruch
geschossen. Die Genehmigung für dieses Jahr umfasst insgesamt 4 Kolonien und
den Abschuss von bis zu 10.000 jungen Kormoranen!
Die Genehmigung wurde von Dr. Wölfel vom Landesamt für Umwelt, Naturschutz und
Geologie auf Weisung des Umweltministers von MV (Prof. Methling, PDS) erteilt.
Viele Grüsse
Thomas Heinicke
PS: Bitte die Infos möglichst weit streuen, um die Proteste noch zu verstärken.
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Dipl.-Biol. Thomas Heinicke
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Meldung vom 5.7.2005:
Hallo allerseits,
anbei ein kurzer Bericht über meine Begehung des Anklamer Stadtbruchs bei Kamp
am 4.7.2005:
Erste Teilkolonie mit 608 Nestern - davon 72 Nester mit toten Jungen im Nest! In
ganzen 3 Nestern noch lebende nichtflügge Jungvögel (2x2 und 1x1 juv.) - der
Rest ist leer. Bei dem einzelnen Jungvogel ist der rechte Handflügel völlig
zerschossen...
Zweite Teilkolonie mit 1310 Nestern - davon 492 Nester mit toten Jungen im Nest!
In ganzen 2 Nestern noch jeweils 1 lebender nichtflügger Jungvogel, sowie ein
überlebender nahezu flügger Jungvogel ausserhalb des Nestes.
Insgesamt konnten von mir 2390 lebende Kormorane gezählt werden, davon etwa 25
flügge Jungvögel, wenige hundert immat, der Rest adult.
Wenn man unterstellt, dass jedes Nest besetzt war und eine durchschnittliche
Gelegegröße von 3-4 Eiern annimmt, dann ist die Zahl von 6000 geschossenen
Kormoranen eher das untere Limit...
Innerhalb der beiden Teilkolonien waren mind. 18 verschiedene Seeadler anwesend,
die teilweise direkt auf Kormoran-Nestern saßen und an Kadavern fraßen. Da
bislang eine Verwendung von Bleischrot nicht auszuschließen ist, sollte in nächster
unbedingt auf mögliche vergiftete Seeadler im Bereich der Kolonie geachtet
werden...
Ansonsten scheint der Eingriff auch Auswirkungen auf andere Wasservögel gehabt
zu haben:
Keine Jungvögel von Schwarzhalstaucher und Trauerseeschwalbe. Die Lachmöwen-
und Flußseeschwalben-Kolonien unmittelbar neben der östlichen Teilkolonie sind
aufgegeben. Nur 2 nichtflügge Lachmöwen sowie 8 nichtflügge Flußseeschwalben
in größerer Entfernung zur Kormoran-Kolonie. Ansonsten auffallend wenig
Schwimm- und Tauchentenbestände, in jedem Fall deutlich unter dem sonst üblichen
Level. Keine Graureiher in der vormals gemischten Kormoran-Graureiher-Kolonie!
Der kleine Mauserbestand von Höckerschwänen zeigt auffallend hohe
Fluchtdistanzen.
Aufgrund der lokalen Bedingungen muss der Abschuss vom Wasser aus erfolgt sein.
Die Flächen in der Kolonie selbst sind derartig schwammsumpfig mit dünnen
Schwingdecken, dass sie nicht wirklich betretbar sind.
Habe auch noch mehrere Fotos angefertigt, die bei Bedarf abgefragt werden können.
Viele Grüsse
Thomas Heinicke
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Meldung vom 05.07.2005:
Liebe Kollegen,
die OAMV e.V.
) hat wegen des Verstoßes gegen den Tier- und
Naturschutz sowie Tierquälerei bei Kormoranen-Massaker von Anklam gegen
(Un)bekannt Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Stralsund gestellt.
Darüber hinaus haben wir unsere Position gegenüber dem Minister
formuliert (wir sind da mit dem NABU in Übereinstimmung):
Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern
Minister Prof. Dr. W. Methling
Schloßstr. 6-8
19053 Schwerin
Offener Brief
Sehr geehrter Herr Minister Methling,
die Mitglieder der OAMV e.V. haben empört und entsetzt von den im Juni
2005 durchgeführten Kormoranabschüsse im NSG "Anklamer Stadtbruch"
Kenntnis nehmen müssen.
Bei diesem Abschlachten wurde eklatant sowohl gegen landes- und
bundesdeutsches Natur-schutzrecht sowie gegen jagdrechtliche sowie
tierschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen. Von der EU-
Vogelschutzrichtlinie ganz zu schweigen. Wir sind verärgert, dass diese
Genehmigung vom Landesamt für Umwelt, Natur und Geologie in Güstrow
erteilt wurde. Die Kollegen in Güstrow berufen sich dabei aber auf eine
von Ihnen selbst in die Wege geleitete und unterstützte Verordnung, die
derartige Massaker zulässt. Das Kormoran-Töten ist nach Auskunft von
Mitarbeitern des Umweltministeriums der politische Wille der Leitung
Ihres Ministeriums.
Sie selbst haben mir bestätigt, dass die derzeitigen Maßnahmen gegen die
Bestandsentwick-lungen des Kormorans fraglich sind. Sie wissen, dass die
Ursachen für die Bestandsentwick-lung bei dieser Art u.a. in den
aktuellen Formen der Binnenfischerei selbst liegen. Wenn jetzt die
Fischer "Haltet den Dieb" rufen, sollten die politischen
Verantwortungsträger nicht auch noch in deren egoistisches Horn blasen.
In wie weit sind wir denn dann besser, wie die Staaten im
Mittelmeerbereich, in denen die Vogeljagd erlaubt ist oder trotz
EU-Mitgliedschaft stillschweigend geduldet werden. Angeblich geht es ja
bei diesen Jagden um die Sicherung der Arbeitsplätze von Fischern. Nur
mit welchen Recht wird durch diese "genehmigten" Schlächtereien der
Arbeitsplatzverlust in der Tourismusbrache gerechtfertigt?
Bereits jetzt ist der Imageschaden für unser angeblich
umweltfreundliches Land massiv. Nicht nur Vandalismus mit
Baseball-Schlägern auf Zeltplätzen hält die Gäste fern. Auch derartige
fachlich unsinnige und fachlich unbeaufsichtigte Aktionen kosten unser
Land Millionen. Das verantworten Sie als Minister auch, wenn Sie nicht
massiv gegen einen derartigen Natur-Vandalismus vorgehen. Hat Ihr
Ministerium eigentlich schon Strafanzeige gegen die Täter gestellt?
Wie wird eigentlich sichergestellt, das Brutvorkommen anderer
Vogelarten, insbesondere besonders geschützter Arten wie z.B. Seeadler,
durch die Eingriffe in Brutkolonien, nicht beeinträchtigt werden? Wie
ist der Abschuss von Kormoranen in NSG und EU-Vogelschutzgebieten (z.B.
im Anklamer Stadtbruch) mit den gesetzlichen Bestimmungen (z.B.
NSG-Verordnung, EU-Vogelschutzrichtlinie) vereinbar?
Rechtlich bedenklich erscheint auch die zweckentfremdete Finanzierung
der Vogelmord-Aktion. Wir schließen uns der Position des NABU an und
verwahren uns ganz entschieden dagegen, dass hier eine Naturschutzfrage
auf Lobbydruck hin politisiert wird. "Wem gehören denn die in den
natürlichen Gewässern lebenden Fische? Dem Fischer ganz sicher nicht. Er
hat erst mit der Pacht das Recht erworben, den natürlichen Fischbestand
eines Gewässers zu nutzen. Die Fische gehören ihm erst, wenn sie sich in
den Fischereigeräten befinden. Das ist bei der Jagd mit dem Wildbestand
analog nicht anders."
Wir fordern deshalb mit dem NABU eine Kormoranlenkungsgruppe, in der
wirtschaftliche Interessenvertreter und naturschutzfachlicher
Sachverstand gleichermaßen vertreten sind. Das ist nur zu erreichen, in
dem alle anerkannten Naturschutzverbände sowie die Fachleute der OAMV in
der Lenkungsgruppe Sitz und Stimme haben. Diese auszugrenzen ist Beleg
für die verzerrte Sicht der Landesregierung auf den Naturschutz.
Sehr geehrter Herr Methling, ich möchte Ihnen die Wünsche für Ihre
politische Zukunft und die von Minister Backhaus ersparen, die mir
etliche Naturschützer auf den Weg gegeben ha-ben. Aber die Zahl der
wirklich am Naturschutz interessierten Wähler ist nicht unerheblich.
Wir erkennen Ihr Engagement bei der Lösung von verschiedenen Umwelt- und
Naturschutzproblemen in Mecklenburg-Vorpommern an. Daher ist es um so
unverständlicher, dass Sie vor wirtschaftlichen Interessenvertretungen
eingeknickt sind. Dies belegt auch Ihr öffentlich geäußerter Vorschlag
wegen der vorgeblich wirtschaftlichen Schäden, Kormorane in die Schweiz
abgeben zu wollen. Kormorane sind keine Schande für unser Land. Es gibt
sie seit mehreren tausend Jahren hier und es soll sie weiterhin geben.
Bestände kann man nur ändern, indem man auf die Ursachen der
Veränderungen Einfluss nimmt.
Klaus-Dieter Feige
Meldung vom 07.07.2005:
zur Kenntnis eine aktuelle Pressemitteilung des Umweltministers von MV (Prof.
Methling) bzgl. Kormoran-Abschuss.
Beste Grüsse
Thomas Heinicke
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Pressemitteilung des Umweltministeriums
Nr.: 127/05
07.07.2005
Umweltminister Methling stoppt Kormoranabschuss
Mecklenburg-Vorpommerns Umweltminister Prof. Dr.
Wolfgang Methling hat den Abschuss von Kormoranen gestoppt. "Im Auftrag des
Umweltministeriums hat das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie (LUNG)
den zuständigen Landkreis Ostvorpommern gebeten, ein
Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstoßes gegen die in der Genehmigung
erteilten Auflagen einzuleiten. Sollten sich bei den Ermittlungen Anhaltspunkte
für strafrechtliches Verhalten ergeben, wird diesen selbstverständlich
nachgegangen und wenn nötig, die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Gleichzeitig
wird die Praxis zur Regulierung des Kormoranbestandes überprüft", teilte
Minister Methling heute in Schwerin mit. Er bedauere die Vorfälle im Anklamer
Stadtbruch. Auch habe er Verständnis für die Proteste von Naturschutz- und
Umweltverbänden sowie von Privatpersonen aus dem In- und Ausland. "Wogegen
ich mich jedoch verwahre ist die Unterstellung, im Tourismusland
Mecklenburg-Vorpommern finden wilde Vogelmassaker statt. Mecklenburg-Vorpommern
ist kein Land des Vogelmordes, sondern bleibt ein Land des Vogelschutzes. Das
gilt auch für Brut- und Rastvogelarten, deren Populationszunahmen uns zum Teil
Sorgen bereiten, wie Gänse, Schwäne, Kraniche und einige Rabenvögel."
Zum Hintergrund des Abschusses von mehr als 6.000
Kormoranen im Anklamer Stadtbruch:
1. Die Kormoranbestände in
Mecklenburg-Vorpommern haben in den letzten 15 Jahren immer weiter zugenommen.
Gab es 1989 lediglich 4.000 Brutpaare, waren es 1992 über 6.000 Brutpaare, Ende
der 90-iger Jahre bereits über 9.000 Brutpaare und heute sind es mehr als
12.000 Brutpaare. Kormorane haben eine hohe Reproduktionsrate und bis auf einige
Greifvögel keine natürlichen Feinde.
2. Kormorane sind Fischfresser. In welchem Umfang
durch Kormorane Schäden am Fischbestand hervorgerufen werden, ist in der
Fachwelt umstritten. Unbestritten ist jedoch, dass jeder ausgewachsene Kormoran
ca. 400 Gramm Fisch pro Tag verzehrt.
3. Die Landesregierung M-V hat sich in der
Koalitionsvereinbarung deshalb verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schäden
in der Fischereiwirtschaft durch Kormorane "deutlich minimiert werden. Dazu
ist es erforderlich, die diesbezüglichen naturschutz- und jagdrechtlichen
Regelungen zu erneuern und aufeinander abzustimmen". Auf dieser Grundlage
wurde die Kormoranverordnung vom 15. August 2003 erlassen und eine Arbeitsgruppe
Kormoran (AG Kormoran) gebildet. In ihr sind neben dem Umwelt- und dem
Landwirtschaftsministerium auch der NABU, die Fischereiverbände sowie die
Landesverbände der Angler und der Jäger vertreten. In der AG wird über
Konzepte und Maßnahmen zur Begrenzung der Kormoranbestände beraten.
4. In dieser AG Kormoran wurde im April 2005
unter anderem auch der Antrag der Fischereigenossenschaft "Haffküste e.
G." zum Abschuss von Ästlingen im Anklamer Stadtbruch eingehend erörtert.
Um den drastischen Anstieg des Kormoranbestandes in diesem Gebiet zu begrenzen,
wurde daraufhin durch das Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie eine
Ausnahmegenehmigung zum Abschuss von Kormoranen erteilt. Dies erfolgte jedoch
mit konkreten Auflagen für die Art und Weise des Abschusses. Danach waren
folgende Auflagen einzuhalten:
-
Es ist nur der Abschuss von Ästlingen (noch flugunfähige Jungvögel, die das
Nest bereits verlassen haben und auf den Ästen sitzen) gestattet.
-
Die Tiere sind durch gezielten Einzelschuss zu töten (was den Einsatz von
Schrot ausschließt).
-
Der Beschuss darf nur bei solchen Lichtverhältnissen erfolgen, die ein
zweifelsfreies Erkennen und die Nachsuche verletzter sowie das Bergen der getöteten
Tiere zulassen. Es darf nur auf Tiere geschossen werden, die letztlich auch
geborgen werden können, ggf. sind entsprechend abgerichtete Jagdhunde
einzusetzen.
Umweltminister Methling: "Bei Einhaltung all
dieser Auflagen ist gesichert, dass die Tiere tierschutzgerecht, d. h. ohne unnötige
Qualen getötet werden, weil ein Schuss nur dann zulässig ist, wenn die Tötung
gezielt möglich ist. Ferner durfte nach den Auflagen nur dann geschossen
werden, wenn die Bergung gesichert ist. Die behördlichen Feststellungen haben
erhebliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass offenbar gegen diese Auflagen
verstoßen wurde. Weitere Ausnahmegenehmigungen werden deshalb nicht
erteilt."
Die AG Kormoran hat sich in ihrer heutigen
Beratung mit den Vorfällen im Anklamer Stadtbruch beschäftigt. Alle Mitglieder
haben ihr Bedauern über diesen Vorfall geäußert und sich für eine lückenlose
Aufklärung ausgesprochen. Bis dahin sollen keine weiteren Ausnahmegenehmigungen
erteilt und die bisherige Praxis der Begrenzung der Kormoranbestände überprüft
werden.
Meldung vom 07.07.2005:
Hallo allerseits,
zur Kenntnis die aktuelle Kormoran-Verordnung des Landes MV. Der Eingriff in
Anklam ist über diese Verordnung nicht gedeckt. Fragt sich nur, weshalb
Verordnungen erlassen werden, wenn sich die eigenen Landesbehörden nicht daran
halten...
Beste Grüsse
Thomas Heinicke
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Landesverordnung zur Abwehr erheblicher Schäden an Nutzfischen durch Kormorane
durch die Zulassung von Ausnahmen von besonderen Schutzvorschriften für
besonders geschützte Tierarten
(Kormoranlandesverordnung - KormLVO M-V)
Vom 15. August 2003
(GVOBl. M-V S. 411), in Kraft am 23. August 2003, außer Kraft am 30. Juni 2006
GS Meckl.-Vorp. Gl. Nr. B 791 - 8 - 1
Aufgrund des § *43 Abs. 8 Satz 4 in Verbindung mit Satz 1 Nr. 1 des
Bundesnaturschutzgesetzes vom 25. März 2002 (BGBl. I S. 1193) verordnet die
Landesregierung:
§ 1
(1) Zur Abwendung erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden wird abweichend
von § *42 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes dem Jagdausübungsberechtigten
des Jagdbezirkes, einem durch diesen benannten Jäger oder ersatzweise einem
Landesbediensteten, der zur Jagd befugt ist, gestattet, in den in § 2
festgelegten Gebieten Kormorane (Phalacrocorax carbo sinensis) in der Zeit vom
1. August bis 31. März mit der Waffe zu töten. Die Tötung von Kormoranen auf
der Grundlage dieser Verordnung und aufgrund von Ausnahmen nach § *43 Abs. 8
Satz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes gilt als Jagdausübung im Sinne des § *13
Abs. 6 des Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592). Unberührt
bleiben die Bestimmungen über verbotene Fangmethoden, Verfahren und Geräte
nach § *12 der Bundesartenschutzverordnung vom 14. Oktober 1999 (BGBl. I S.
1955, 2073), die zuletzt durch Artikel 3 Abs. 8 des Gesetzes vom 25. März 2002
(BGBl. I S. 1193) geändert worden ist, und über das Zerstören von Nist- und
Brutstätten nach § *42 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes.
(2) Die Anzahl der mit der Waffe getöteten Kormorane ist jährlich bis zum 10.
April auf dem Formblatt "Wildnachweisung" durch die Jagdausübungsberechtigten
der zuständigen Jagdbehörde zu melden.
(3) Die Berechtigten dürfen die aufgrund der Befugnis nach Absatz 1 getöteten
Vögel in Besitz nehmen und sich aneignen. Die Vermarktungs- und sonstigen
Verkehrsverbote des § 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes
bleiben unberührt.
§ 2
(1) Die Tötung der Kormorane ist gestattet:
1. in den äußeren und inneren Küstengewässern einschließlich angrenzender
Landflächen in einem Abstand bis zu 300 Metern von der Mittelwasserlinie,
2. auf Fischereigewässern einschließlich angrenzender Landflächen in einem
Abstand bis zu 100 Metern.
(2) Die oberste Naturschutzbehörde kann auch vor Ablauf der Geltungsdauer
dieser Verordnung durch Allgemeinverfügung einzelne Gebiete vom Geltungsbereich
dieser Verordnung ausnehmen, wenn eine weitere Freigabe zur Tötung nicht mehr
erforderlich ist oder der Schutzzweck von gemäß Artikel *4 Abs. 1 und 2 der
Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der
wildlebenden Vogelarten (ABl. EG Nr. L 103 S. 1), die zuletzt durch die
Richtlinie 97/49/EG vom 29. Juli 1997 (ABl. EG Nr. L 223 S. 9) geändert worden
ist, gemeldeten Gebiete beeinträchtigt werden kann.
(3) Von der Gestattung ausgenommen sind:
1. Nationalparke und Naturschutzgebiete,
2. Flächen innerhalb eines Radius von 500 Metern um bestehende Brutkolonien.
§ 3
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. Sie tritt am 30.
Juni 2006 außer Kraft.
Schwerin, den 25. August 2003
Der Ministerpräsident Der Umweltminister
Dr. Harald Ringstorff Prof. Dr. Wolfgang Methling
Meldung vom 08.07.2005:
Hallo allerseits,
weitergeleitet ein Presseartikel aus der Welt:
Beste Grüsse
Thomas Heinicke
---- Original Message -----
From: "Steffen Schliemann" <steffen.schliemann@web.de>
To: <birdnet-greifswald@yahoogroups.de>
Sent: Thursday, July 07, 2005 12:28 PM
Subject: [Birdnet-Greifswald] Kormoranabschuss
einen bemerkenswert einseitigen dpa-Artikel aus der überregionalen
"Welt"
mit den alten Parolen (Aal- und Neunaugen[!]ausrotter) und neuesten
Pseudoargumenten (Dreizehenschwalbe!?) gibt es unter der folgenden Adresse:
7000 Kormorane abgeschossen
Binnenfischer in Anklam wehren sich gegen Kritik des WWF
Anklam/Waren - Die Binnenfischer im Nordosten haben die Kritik der
Umweltverbände an einer Abschußaktion für 7000 Kormorane bei Anklam
zurückgewiesen. "Es war eine genehmigte Aktion wie mit dem
Umweltministerium
vereinbart", sagte Ulrich Paetsch, Präsident des Landesverbandes der
Binnenfischer in Waren. 2005 dürften im Land rund 10 000 Jungvögel
geschossen werden, um den Bestand des sich rasant ausbreitenden
Fischfressers zu regulieren.
Mitte Juni hatten zehn Jäger unter Leitung von Jürgen Reinke, der selbst
auch Fischer ist, rund 7000 junge Kormorane getötet. In dem urwaldartigen
Gebiet in der Peenemündung zum Stettiner Haff mit riesigen Erlen und Eichen
hatten die Männer nicht alle Kadaver aus den Nestern in bis zu 20 Meter Höhe
bergen können. Die Naturschutzverbände Nabu und WWF hatten die Aktion in
scharfer Form verurteilt und von einem "massenhaften, wahllosen Abschuß",
gesprochen. Zudem sei nicht klar, ob und wie die Kormorane wirklich Schäden
anrichteten. "Da gibt es aber inzwischen genügend Studien", konterte
Paetsch. Gerade sei wieder eine Untersuchung in Brandenburg gelaufen,
ähnliche Analysen gebe es in Schleswig-Holstein und Bayern. Demnach frißt
ein Kormoran pro Tag rund 400 Gramm Fisch, meist Aal, Zander oder Barsch.
Das sind die Fische, die auch die Fischer am liebsten in den Netzen haben.
Das Problem besteht vor allem in der enormen Zunahme der Vögel. Gab es 1990
rund 2500 Brutpaare, so sind es inzwischen 12 000 im Land. "Wenn man früher
eingegriffen hätte, wäre das nicht nötig gewesen", sagte Reinke. Er und
seine Fischereikollegen beobachten seit Jahren mit Sorge, wie Kormorane die
seltenen Dreizehenschwalben als Brutvogel verdrängen und seltene Fische wie
Meer- und Flußneunauge dezimieren. Auch in den Mittelgebirgen im Süden sehen
Umweltschützer die Kormorane mit Sorge, da die eleganten Stoßtaucher dort
die Äschen als Angelfische enorm dezimiert haben. dpa
Meldung vom 10.07.2005:
Hallo allerseits,
eine weitere betrübliche Nachricht bzgl. Kormoran in Mecklenburg-Vorpommern:
In die außerhalb des NSG Niederhof gelegene Teilkolonie ist dieses Jahr (im
Juni) analog zum Anklamer Stadtbruch ebenfalls eingegriffen worden. Die
Teilkolonie im NSG liegt innerhalb des SPA "Greifswalder Bodden", die
Außenkolonie ist momentan weder NSG noch SPA. Allerdings liegt die Außenkolonie
im von der OAMV (Orn. Arbeitsgemeinschaft MV) benannten IBA-Gebiet
"Greifswalder Bodden", was gegenwärtig den Status eines faktischen
Vogelschutzgebietes besitzt.
Die Außenkolonie beherbergt >500 Nester. Bei einer Stichprobe von 454
Nestern konnten in 56 Nestern tote (geschossene/verendete) Ästlinge
festgestellt werden (8.7.05, abends). In lediglich 2 Nestern noch je 1 nichtflügger
Jungvogel. Ansonsten alle Nester leer. Insgesamt im Bereich der Teilkolonie etwa
300 Kormorane, davon lediglich etwa 30 flügge Jungvögel.
In einem kleinem Teilbereich wurden am Boden >50 Kormoran-Kadaver (alles
Jungvögel) entdeckt. Ein Teil der Vögel ist offenbar vom Erhaltungszustand her
erst kürzlich verendet, zahlreiche Kadaver von Greifvögeln
angerupft/angefressen. Dazu mindestens 5 heruntergeschossene Nester am Boden
liegend.
In einem angrenzenden Getreidefeld fand ich zudem einen noch lebenden jungen
Kormoran, der obwohl flügge, nicht mehr Laufen, Sitzen oder Fliegen konnte. Der
offensichtlich stark geschwächte Vogel, der später vom seinem Leiden erlöst
wurde, wies sogar bereits lebende Fliegenmaden sowie diverse Fliegeneier an
seinem Körper auf!
Dieser Vogel sowie weitere Kadaver wurden eingesammelt und an das Institut für
Zoo- und Wildtierforschung in Berlin (IZW) zwecks weitergehender Untersuchungen
(bzgl. verwendeter Munition etc.) übergeben. Sobald Befunde vorliegen, werden
diese umgehend bekannt gegeben.
Erneut im unmittelbaren Bereich der Kolonie 2 junge Seeadler, die sich von
Kormoran-Kadavern ernähren.
Nach neuestem Kenntnisstand wurde in Anklam + Niederhof kein Bleischrot, sondern
Kleinkaliber-Munition verwendet. Die Geschossteile bestehen praktisch vollständig
aus Blei. Die Folgen (v.a. für die Seeadler) kann sich jeder ausmalen...
Die Vögel der Kormoran-Kolonie gehen im Strelasund, v.a. aber im Greifswalder
Bodden der Nahrungssuche nach. Nach Angaben der LFA-MV (Ubl, C. (2004):
Untersuchungen zum Nahrungsspektrum des Kormorans im Bereich des Greifswalder
Boddens. Fischerei & Fischmarkt in M-V 2: 32-38.) sind Schäden durch
Kormorane in den genannten Gewässern bisher nicht nachgewiesen.
Nach weiteren Erkenntnissen wurde in die Kolonie Niederhof bereits 2003 und 2004
in gleicher Weise eingegriffen. Nach offiziellen Angaben wurden allein 2004
2.820 Vögel geschossen! Im Jahr 2004 war sogar ein Fernsehteam des HR dabei, um
das Abschlachten zu filmen...
Darüber hinaus 2 aus dem Dorf Niederhof stammende Jungendliche mit Motorrädern,
die absichtlich etwa 1 Stunde lang unter lautem Krach rund um die
Kormoran-Kolonie fuhren und alle flugfähigen Vögel verjagten. Auch eine
"interessante" Art der Vergrämung...
Trotz betrüblicher Nachrichten viele Grüsse
Thomas Heinicke
Meldung vom 15.07.2005:
Hallo allerseits,
anbei mal wieder eine erfreulichere Nachricht bzgl. Kormoran.
In einer Pressemitteilung des Bundesamtes für Naturschutz vom 13.7.2005
kritisiert Prof. Vogtmann, Präsident des BfN, sehr deutlich den
Kormoran-Abschuss im Anklamer Stadtbruch.
Beste Grüsse
Thomas Heinicke
Im folgenden der vollständige Wortlaut der Pressemitteilung:
BfN-Pressemitteilung
Naturschutz
Position des Bundesamtes für Naturschutz zu den Kormoran-Abschüssen im
Anklamer Stadtbruch (Mecklenburg-Vorpommern)
Bonn, 13.07.2005: Sie sind schwarz und nicht bei Jedermann beliebt, aber der
grausame Tod von bis zu 7.000 Kormoran-Nestlingen im Anklamer Stadtbruch an
der Ostseeküste vor Usedom durch eine Massenschießerei auf die Nester rief
in ganz Deutschland Proteste von Bürgern und Naturschutzverbänden hervor.
Der Präsident des Bundesamtes für Naturschutz (BfN), Professor Hartmut
Vogtmann, bezeichnet die Tötung als „abstoßend und völlig unangemessen“.
Es
gibt intelligentere Möglichkeiten, von Kormoranen verursachten Problemen zu
begegnen.
Das Naturschutzgebiet „Anklamer Stadtbruch“, mit weiteren Teilen des
Peenetales als Europäisches Vogelschutzgebiet gemeldet und vom Bundesamt für
Naturschutz im Rahmen des Gewässerrandstreifenprojektes „Peenetal /
Peene-Haff-Moor“ finanziell stark gefördert, wird auch als „deutsche
Everglades“ bezeichnet und gilt mit seinem Reichtum an seltenen und
gefährdeten Vogelarten als Besonderheit. „Dieses Schutzgebiet ist Refugium
für eine Vielzahl empfindlicher und bedrohter Vogelarten der Roten Liste wie
Trauerseeschwalbe, Große Rohrdommel und Seeadler – so eine Aktion,
zusätzlich mitten in der Brutzeit, verträgt sich nicht mit den Zielen eines
Naturschutzgebietes“, urteilt Vogtmann.
Wenn es Probleme mit Kormoranen gibt, können sie effektiver gelöst werden.
Das setzt aber voraus, dass Schäden nicht nur behauptet, sondern auch belegt
werden müssen. „An dieser Hürde scheitern schon viele, die sich über
Kormorane aufregen“, erläutert Vogtmann. Allein die Angabe, wie viel Fische
ein Kormoran pro Tag verzehrt, genügt nicht: Meist sind es wirtschaftlich
uninteressante Arten, die auf dem Speisezettel von Kormoranen stehen, und
„noch holen unserer Fischer und Angler ein Mehrfaches dessen aus unseren
Gewässern, was insgesamt in den Mägen der Kormorane landet“. Vogtmann:
„Wir
haben hier ein psychologisches Problem, denn Fischer neigen dazu, den Grund
für Bestandsrückgänge, z.B. in der Meeresfischerei, nicht in der
nicht-nachhaltigen Fischereipraxis, sondern bei den gehassten Kormoranen zu
sehen.“
Sofern dennoch Maßnahmen erforderlich sind, müssen diese an den Gewässern
und nicht bei den Kormoranen ansetzen. Dies hat auch eine europaweite Studie
ergeben, die unter Mitwirkung der Fischerei und von Anglerverbänden
durchgeführt und von der Europäischen Union finanziert wurde. Es ist
bedauerlich, dass in Mecklenburg-Vorpommern auf diesen Erkenntnissen nicht
aufgebaut wurde. Vogtmann befürchtet einen Imageverlust für das Land, in dem
viele Menschen der Natur wegen Urlaub machen: „Viele Fischer verdienen auch
mit dem Tourismus Geld – eine solche Aktion ist für den Tourismus nicht
förderlich“.
Kormorane haben es schon seit Jahren schwer. Seit sich ihre Bestände
aufgrund von Jagdverschonung und wegen des guten Nahrungsangebotes wieder
erholen, nehmen auch die Klagen von Fischern und Anglern über ihre
vermeintlichen Nahrungskonkurrenten zu. Der Abschuss von Kormoranen bringt
aber nichts: Brutverluste können durch erhöhte Reproduktion und Zuwanderung
in der Folgezeit ausgeglichen werden und die Eingriffe in Kolonien verteilen
die Tiere meist nur auf andere Regionen, denn die Überlebenden können in den
Folgejahren anderswo Kolonien gründen.
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Hintergrundinformationen:
Die Studie REDCAFE (Reducing the conflict between Cormorants and fisheries
on a pan-European scale) wurde von der Generaldirektion Fischerei der
Europäischen Union finanziell gefördert und im Jahr 2003 abgeschlossen.
Beteiligt waren Wissenschaftler und Vertreter von Vogelschutz-, Fischerei-
und Anglerverbänden aus 25 europäischen Ländern.
Nach den Ergebnissen dieser Studie erscheint eine massive, europaweite
Reduzierung der Kormoranbestände unter erheblichem Aufwand zwar möglich,
wird aber nicht als die wirksamste, wirtschaftlich oder ethisch vertretbare
Möglichkeit zur Lösung fischereiwirtschaftlicher Konflikte angesehen. Andere
Lösungen, wie die Verbesserung der Habitate betroffener Fischarten und
passive Abwehrmaßnahmen an Fischzuchtanlagen, werden als langfristig
wirksamer betrachtet. Daher tendiert REDCAFE zu intelligenten
Management-Maßnahmen direkt an den Gewässern. Die Grundvoraussetzung hierfür
ist allerdings, dass man die Vögel an den größeren Gewässern akzeptiert.
Diese Akzeptanz und die Bereitschaft, mit Kormoranen zu leben, fehlt jedoch
in Deutschland offensichtlich bei verschiedenen Interessengruppen. In diesem
Zusammenhang versteht sich REDCAFE jedoch als erster Schritt hin zu mehr
gegenseitigem Verständnis, um Vorbehalte zwischen fischereilichen
Interessengruppen und dem Naturschutz abzubauen und auf der Basis fundierter
Argumentationen zu einem angemessenen Umgang mit dem Kormoran als
natürlichem Bestandteil unserer Gewässerökosysteme zu gelangen. Ein
Nachgeben gegenüber unberechtigten Forderungen zur
Kormoran-Bestandsreduzierung würde diese Ansätze konterkarieren.
Die Stellungnahme der Bundesregierung zu einer Entschließung des Bundesrates
zur „Kormoran-Problematik“ vom 30.01.04 ist unter der Bundesrats-Drucksache
Nr. 111/04 abgedruckt. Sie nimmt u.a. Bezug auf die REDCAFE-Studie und kann
auf Wunsch zur Verfügung gestellt werden.
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Meldung vom 19.07.2005:
Trittin kritisiert Abschuss von Kormoranen in Naturschutzgebieten
Berlin, 19. Juli 2005 - Bundesumweltminister Juergen Trittin hat
kritisiert, dass im Juni in einem Naturschutzgebiet in
Mecklenburg--Vorpommern mit Billigung des dortigen Umweltministeriums
6.000 Kormorane geschossen wurden. Dabei wurde nach Augenzeugenberichten
im Anklamer Stadtbruch auf Jungvoegel gezielt. Teilweise sollen aber
auch Altvoegel getoetet worden sein; qualvolles Verhungern der Brut war
die Folge. In einem Brief an Umweltminister Prof. Dr. Wolfgang Methling
schrieb Trittin:
'Das Land Mecklenburg--Vorpommern hat im Jahre 2003 eine sehr
grosszuegige Kormoranlandesverordnung erlassen, die im Grundsatz den
Abschuss von Kormoranen in den aeusseren und inneren Kuestengewaessern
sowie auf allen Fischereigewaessern zulaesst. Dagegen laesst die
Verordnung einen Abschuss in Nationalparken und Naturschutzgebieten
sowie in Brutkolonien nicht zu. Offenbar wird nun aufgrund einer
Ausnahmeentscheidung aus Ihrem Geschaeftsbereich auch in solchen
Gebieten auf diese Tiere geschossen.
Nach Ansicht der Bundesregierung, die Ihnen aus der Bundesratsdrucksache
111/04 bekannt ist, soll es moeglich sein, die durch Kormorane
verursachten fischereiwirtschaftlichen Schaeden abzuwehren. Ob die
Kormorane im Haff und im Bodden signifikante Schaeden fuer die
Fischereiwirtschaft verursachen, ist nach meiner Kenntnis in keiner
Weise belegt. Deshalb sind die Abschuesse nicht gerechtfertigt.'
Trittin wies ferner darauf hin, dass das Naturschutzgebiet Teil des vom
Bundesamt fuer Naturschutz mit Bundesmitteln in Hoehe von 20,76 Mio.
Euro gefoerderten Naturschutzgrossprojektes 'Peenetal--Landschaft' ist.
Auch mit Blick auf die Foerderauflagen mahnte er dringend eine
Ueberpruefung der Abschusserlaubnis an.
Hrsg: BMU-Pressereferat, Alexanderplatz 6, 10178 Berlin
Redaktion: Michael Schroeren (verantwortlich)
Thomas Hagbeck, Jürgen Maaß, Frauke Stamer
email: presse@bmu.bund.de
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